Konstituierung des Textes
Ein Text muss für die anschließende Beschreibung und Interpretation erst definiert, in seinem Bestand gesichert,
durch angemessene Segmentierung vorbereitet und akzeptabel präsentiert werden.
Je älter Texte sind, desto aufwändiger kann diese Vorbereitung sein.
Jedenfalls sollte man diesen Schritt nicht verwechseln oder in eins setzen mit
der erst anschließend folgenden Deskription und Interpretation im Dreischritt: Syntax - Semantik - Pragmatik.
Folgende Einzelschritte sind gemeint:
- Texterfassung
ad a:
- Textkritik: materiale Sicherung einer synchronen Textschicht
ad b:
- Textkritik wird sehr häufig diachron betrieben (Suche nach
Handschriften-Genealogien bzw. es wird aus diversen Varianten ein neuer Text
geschaffen. Typisches Beispiel: griechisches Neues Testament = ein Phantomtext, den es so nie gegeben hat.
Im Gegensatz dazu plädieren wir für eine synchrone Textkritik, d.h.
eine tatsächlich belegte Handschrift/Ausgabe wird der weiteren Arbeit zugrunde
gelegt und allenfalls auf Schreiberversehen hin kontrolliert.
Nach diesem Prinzip wurde die hebräische Josefsgeschichte analysiert.
Beschrieben ist das Verfahren auch durch:
Norbert Rabe, Zur synchron definierten
alttestamentlichen Textkritik: Biblische Notizen 52 (1990) 64 - 97.
-
Verschiedene existierende Varianten oder
: Entscheidung, welche analysiert werden soll.
- Übersetzungsbegründung / Verständnissicherung
ad c:
- Bei fremdsprachigen Texten oder solchen in der gleichen Sprache, die einer
anderen historischen oder sozialen Stufe / Schicht entstammen, können Ausdrücke
/ Bedeutungen enthalten sein, die un- oder schwerverständlich sind. Hierzu ist
Grammatik- und Lexikonarbeit nötig, um ein angemessenes Verständnis heute zu
sichern. Zum Teil kann sich dieser Schritt mit dem obigen der Textkritik
verzahnen (Abschreiber haben den Text geändert, weil sie den - guten -
ursprünglichen Sinn nicht mehr verstanden, die Ausdrücke also irrtümlich für fehlerhaft gehalten haben).
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Beispiele schwierigen Verstehens schon bei Zeitabstand von 200 Jahren
- Segmentierung in Äußerungseinheiten
ad d:
- Literarkritik: Identifizieren nachträglicher Überarbeitungen eines Ursprungstextes
ad e:
- Redaktionskritik: Bestimmen unterschiedlicher synchroner Schichten (im Gefolge von Literarkritik)
ad f:
- Präsentation des Textes (bzw. der Versionen im Vergleich)
ad g:
Startseite | letzte Aktualisierung: 9. Juli 2011